Café Orient im Miniaturformat

Enkel des früheren Besitzers plant Ausstellung zu Kaffeehaus

8. Juli 2002, Frankfurter Allgemeine Zeitung (sub)

Seinen Großvater hat Bernd Richefort zwar nie kennengelernt, doch eines verbindet den 53 Jahre alten Wiesbadener Unternehmer mit seinem französischen Vorfahren: die Begeisterung für das Café Orient. Das um 1900 im arabisch-maurischen Stil erbaute Kaffeehaus Unter den Eichen befand sich in den Jahren 1914 bis 1929 im Besitz seines Großvaters Georges Richefort und gehörte damals zu den beliebtesten Ausflugszielen der feinen Gesellschaft. Nun will Bernd Richefort die Geschichte des Kaffeehauses in seiner Ausstellung dokumentieren.

Die Idee dazu sei ihm gekommen, als er vor kurzem den Familiennachlass geordnet und dabei zahlreiche Gegenstände und Fotografien gefunden habe, die von illustren Gästen und rauschenden Ballnächten zeugten, erklärt Richefort. Für die Ausstellung will er eine Rekonstruktion des Gebäudes im Maßstab 1:25 für rund 15.000 Euro anfertigen lassen. Das mit seinen Kuppeln und Minaretten exotisch anmutende Gebäude des Wiesbadener Architekten Carl Dormann fiel in den sechziger Jahren den Stadtplanern zum Opfer und wurde abgerissen.

Zur Zeit sucht Richefort noch nach Räumen für die Ausstellung. Die Mitarbeiter des Projektbüros Stadtmuseum hätten noch vor einigen Monaten ihr Interesse an einer solchen Schau bekundet, erzählt er. Dann habe er jedoch erfahren müssen, dass die Stadt dem Projektbüro im Juni das Budget für das laufende Jahr gestrichen habe.

Wie berichtet, ist noch unklar, ob das bislang aus dem Museumsbudget finanzierte Personal überhaupt weiterbeschäftigt werden kann. Außerdem streiten die Stadtverordneten noch über die Konzeption und die Trägerschaft des Stadtmuseums. Doch Richefort gibt sich gelassen: Zwar hat er den Bau des Modells schon im Auftrag gegeben, welches er dem Stadtmuseum im Anschluss an eine Ausstellung schenken wollte. Er ist sich aber sicher, andere Interessenten für die Schau zu finden, falls die Stadt ihm langfristig eine Absage erteilt. Er denke an Banken, Wohlfahrtsvereine oder an das Landesmuseum.

In Richeforts Besitz befinden sich zahlreiche historisch interessante Fotografien, darunter seltene Luftbilder und Innenaufnahmen sowie einige Baupläne, die auf die Idee des Erbauers – des kaiserlichen Hofkochs Alfred Georgi – zurückgehen. Auch mangelt es ihm nicht an Ausstellungsgegenständen: Von seinen Großeltern hat er Mobiliar, Silbertabletts, kostbares Besteck und Tassen, in welchen den Gästen einst der Mokka serviert wurde, geerbt.

Doch Richefort hofft bei der Konzeption der Ausstellung auch auf die Unterstützung der Bevölkerung: „Manche haben mit Sicherheit noch Gabeln, Gläser oder Tischdecken in ihrem Besitz, die 1929 bei der Zwangsversteigerung des Kaffeehauses zum Verkauf angeboten wurden“, meint er. Daher bittet er jeden, der glaubt, etwas aus dem Café Orient zu besitzen, sich an ihn unter der Telefonnummer 0611-40 01 19 zu wenden, damit er diesen Gegenstand zumindest als Foto für seine Dokumentation verwenden kann.

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