Im Modell soll die Erinnerung weiterleben
Café Orient wurde heute vor 40 Jahren abgerissen / Betreiber-Enkel setzt sich für Ausstellung ein
16. April 2004, Wiesbadener Kurier (bra)
Am 16. April 1964 beendeten Bagger die glanzvolle Geschichte des Café Orient.
Die Weltwirtschaftskrise hat es ebenso unbeschadet überstanden wie den Zweiten Weltkrieg. Doch der Abrisswahn der 60er Jahre setzte der glanzvollen Geschichte des 1900 erbauten Cafe Orient ein trauriges Ende. Heute vor 40 Jahren, am 16. April 1964, rollten die Bagger auf dem Gelände Unter den Eichen an, um dem prunkvollen Gebäude im maurischen Stil den Garaus zu machen. Wo sich einst die Hautevolee der Goldenen Zwanziger tummelte, steht heute ein achtgeschossiges Wohnhaus.
Als die Bagger dem Gebäude zu Leibe rückten, war Bernd Richefort zwar nicht dabei, doch der Enkel des prunkvollen Caféhauses wusste, dass dies das Ende des Traditionshauses bedeutete. „Ich war in der Lehre, da konnte man nicht einfach schwänzen“, sagt Richefort, „doch mein Vater stand mit Tränen in den Augen daneben.“ Bernd Richeforts Großeltern, Lina und Georges Richefort, hatten das Caféhaus von 1924 bis 1929 betrieben und es zu einem der In-Treffs dieser Zeit gemacht.
Während das nach Plänen des kaiserlichen Hofkochs Alfred Georgi entworfene Haus unwiderruflich zerstört ist, leben die Erinnerungen an das Café Orient bei Bernd Richfort weiter. Mit einer Ausstellung im geplanten Stadtmuseum im kommenden Jahr will er den Wiesbadenern das Café und seine glanzvolle Geschichte näher bringen. Hierfür hat er im thüringischen Ruhla (wie bereits berichtet) ein 1,20 mal 1,20 Meter großes Modell des Gebäudes im Maßstab 1:25 bauen lassen. Das soll demnächst einen Platz im geplanten Stadtmuseum finden, gemeinsam mit Bildern und Erinnerungsstücken aus dem Café. Neben Fotos und Bauplänen besitzt Richefort auch vier Stühle, Besteck, Tabletts, Teegläser und einiges andere. Dennoch ist er ständig auf der Suche nach weiteren Andenken, um die Ausstellung möglichst umfassend werden zu lassen. „Ich will die Dinge ja nicht behalten“, betont der Sammler, „es wäre einfach schön, wenn die Menschen sie für die Ausstellung zur Verfügung stellen würden.“ Zur Finanzierung der rund 15.000 Euro teuren Mini-Nachbildung hat Richefort unter anderem Postkarten mit alten Fotografien des Cafés und seiner Großeltern drucken lassen. Wenn genügend Geld zusammenkommt, möchte er das Café Orient Modell auch noch um das Außengelände, Straße und Straßenbahn erweitern. „Damit man einen kompletten Eindruck von dem Café und seinem Ambiente bekommt.“ Und an einem Buch über das Café und seine Historie arbeitet er auch.